Nach den beiden chaotischen Rennen der Formel E in Berlin am vergangenen Wochenende ging es am Montag in Deutschlands Hauptstadt nahtlos weiter: Auf der Strecke am ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof standen die offiziellen Rookie-Testfahrten der Elektro-WM auf dem Programm. 22 Piloten, die noch kein Formel-E-Rennen bestritten haben waren startberechtigt.

In zwei dreistündigen Sessions zwischen 09:00 und 12:00 Uhr sowie zwischen 14:00 und 17:00 Uhr erhielten die Fahrer die Möglichkeit, sich mit dem 350 kW (476 PS) starken Gen3-Fahrzeug vertraut zu machen. Der Rookie-Test lockte auch in diesem Jahr wieder zahlreiche prominente Namen an. Unter anderem nahmen mit Thomas Preining (Porsche) und Sheldon van der Linde (Jaguar) die beiden DTM-Champions der vergangenen zwei Jahre am Rookie-Test teil.

Shwartzman holt Bestzeit, van der Linde in den Top-3

Die Tagesbestzeit sicherte sich schlussendlich der Formel-2-Vizemeister von 2021, Robert Shwartzman, der bei dem Test in dem DS-Penske-Boliden von Stammfahrer Jean-Eric Vergne unterwegs war. Der 24-Jährige benötigte für seine schnellste Umrundung des 2,345 Kilometer langen Kurses 1:01.937 Minuten. Die Zeit Shwartzmans war nur 0,196 Sekunden langsamer als die schnellste Pole-Zeit an diesem Wochenende. Bei den Rookie-Testfahrten stand die Jagd nach schnellen Rundenzeiten jedoch nicht im Fokus.

Die Zeiten steigerten sich in der Nachmittags-Session nicht signifikant. Bis kurz vor Schluss unterbot nicht einmal ein Pilot die Bestzeit vom Vormittag, die auch Shwartzman gefahren war, außer der 24-Jährige selbst. Platz zwei belegte im Gesamtklassement schlussendlich Aston-Martin-Junior Jak Crawford (Andretti-Porsche) mit einer persönlichen Bestzeit von 1:02.110 Minuten.

Rookie Test: Sheldon van der Linde (Jaguar TCS Racing)
Sheldon van der Linde sicherte sich an seinem 25. Geburtstag die drittschnellste Zeit, Foto: LAT Images

Auf den Plätzen drei und vier folgten Jaguar-Pilot van der Linde, der heute seinen 25. Geburtstag feierte und Felipe Drugovich im Kunden-DS von Maserati. Kush Maini (Mahindra) und Enzo Fittipaldi (Jaguar) beendeten den Testtag in der kombinierten Zeitenliste auf dem fünften und sechsten Rang. Die Top-10 komplettierten der amtierende Formel-2-Vizemeister Frederik Vesti (Mahindra), Zane Maloney im Andretti-Porsche sowie das Nissan-Duo Gabriele Mini und Caio Collet.

Dries Vanthoor muss Test nach Unfall früh beenden

Für den ersten Aufreger des Tages sorgte Dries Vanthoor, der den Rookie-Test mit dem Jaguar-Kundenteam Envision bestritt. Nach rund zwei Stunden in der Vormittags-Session schlug der eigentliche BMW-Werksfahrer, der am Samstag mit den Münchnern noch das WEC-Rennen in Spa-Francorchamps absolviert hatte, in die Mauer von Kurve 3 ein. Der Vorfall sorgte für eine circa 17 Minuten lange Unterbrechung der Testfahrten. Für Vanthoor war seine erste Teilnahme an einer Formel-E-Session vorzeitig beendet.

"Es gab einen Zwischenfall mit einem anderen Fahrer und eine Art Missverständnis zwischen den Fahrern", sagte Envision-Teamchef Sylvain Filippi zu Motorsport-Magazin.com. "Es ist enttäuschend. Aber von dem, was ich gesehen habe, lief es bis zu diesem Punkt gut."

Für die zweite Unterbrechung des Tages sorgte nach etwas mehr als einer halben Stunde der Nachmittags-Session Drugovich im Maserati-DS von Maximilian Günther. Zwischen den Kurven 4 und 5 kam der Formel-2-Champion von 2022 zum Stillstand. 15 Minuten nach der ausgerufenen roten Flagge wurde der Test wieder aufgenommen. Der Bolide von Drugovich wurde abgeschleppt und an die Box zurückgebracht. Rund 40 Minuten nach seinem Halt auf der Strecke, kehrte Drugovich wieder ins Auto zurück.

Rookie-Test: Ricardo Feller (ABT CUPRA Formula E Team)
Ricardo Feller sammelte in Berlin erste Erfahrungen in einem Formel-E-Auto, Foto: LAT Images

Ricardo Feller nach Formel-E-Debüt: Bin ziemlich überrascht

Wie im vergangenen Jahr sammelten erneut einige Piloten ihre ersten Erfahrungen in einem Formel-E-Boliden, darunter etwa Formel-2-Fahrer Crawford oder McLaren-Juwel Ugo Ugochukwu, der 17. wurde. Zu diesen Fahrern zählte auch DTM-Rennsieger Ricardo Feller, der für das deutsche Team Abt-Cupra unterwegs war.

"Ich bin ziemlich überrascht. Es ist sehr anders zu fahren als all die anderen Autos, die ich bis jetzt kennenlernen durfte", sagte Feller in der Mittagspause zu Motorsport-Magazin.com. "Ich finde es aber trotzdem irgendwie cool. Du musst einfach dem System mehr vertrauen als in anderen Autos, was das ABS und die Traktionskontrolle angeht."

Zugleich gab Feller zu, dass es zum Fahren des Gen3-Boliden einer gewissen Umgewöhnung beim Fahrstil bedurfte: "Weil ich normalerweise mit meinem Fuß immer auf die Fahrzeugbalance reagieren würde. Hier musst du einfach ein bisschen konstanter bleiben. Von dem her ist es sehr spannend und ich fühle mich immer wohler über den Tag."

Rookie Test: Thomas Preining (TAG Heuer Porsche Formula E Team)
Porsche beendete den Rookie-Test außerhalb der Top-10, Foto: LAT Images

Rookie-Test nicht nur für Fahrer interessant

Letztlich beendete Feller sein Debüt in einer Formel-E-Session auf Platz 14. Die beiden Werks-Porsches von Preining und Dennis Hauger schlossen den Berlin-Test auf den Rängen elf und zwölf ab.

Direkt dahinter folgte Nachwuchstalent Tim Tramnitz, der als einziger deutscher Pilot beim Formel-E-Rookie-Test vertreten war. Der 19-Jährige bestritt den Berlin-Test wie im Vorjahr ebenfalls mit Abt-Cupra. Tramnitz, der an diesem Wochenende in der Formel 3 in Imola antritt, benötigte für seine schnellste Runde 1:02.572 Minuten. Damit war der Red-Bull-Junior einer von nur fünf Piloten, die ihre schnellste Rundenzeit schon in der Vormittags-Session fuhren. Insgesamt lag das gesamte Feld sehr dicht beieinander. Die ersten 18 Piloten trennte nur eine Sekunde.

Nicht nur für die Fahrer sind die Testfahrten eine willkommene Gelegenheit, Erfahrung in einem Formel-E-Auto zu sammeln und sich den Teams zu präsentieren: Auch die Teams selbst nutzen den Test angesichts von stark eingeschränkter Testmöglichkeiten, um weitere Daten zu sammeln.

"Bei diesem Test testen wir hauptsächlich Dinge, über die wir nicht sprechen können. Es geht um Software-Kontrollen und Verbesserungen am Auto", erklärte Envision-Teamchef Filippi. "Es gibt eine Menge Dinge, die du tun kannst, die auch nicht mechanisch sind. Diese kleinen Details zu finden, macht hoffentlich einen Unterschied."

Nach den beiden Rennen in Berlin, welche Nick Cassidy (Jaguar) und Antonio Felix da Costa (Porsche) gewinnen konnten, und dem Rookie-Test, geht es für die Formel E bereits in rund zwei Wochen weiter. Vom 24. bis zum 26. Mai gibt die Rennserie ihr Debüt auf der Formel-1-Strecke in Shanghai und kehrt nach mehr als fünf Jahren nach China zurück.

Formel-E-Rookie-Test Berlin 2024: Kombiniertes Ergebnis

Pos.FahrerTeamRückstand
1Robert ShwartzmanDS Penske1:01.937
2Jak CrawfordAndretti-Porsche+0,137
3Sheldon van der LindeJaguar+0,230
4Felipe DrugovichMaserati-DS+0,234
5Kush MainiMahindra+0,271
6Enzo FittipaldiJaguar+0,274
7Frederik VestiMahindra+0,290
8Zane MaloneyAndretti-Porsche+0,342
9Gabriele MiniNissan+0,423
10Caio ColletNissan+0,439
11Thomas PreiningPorsche+0,493
12Dennis HaugerPorsche+0,519
13Tim TramnitzAbt-Mahindra+0,635
14Ricardo FellerAbt-Mahindra+0,675
15Jonny EdgarDS Penske+0,677
16Gregoire SaucyMcLaren-Nissan+0,723
17Ugo UgochukwuMcLaren-Nissan+0,934
18Mikel AzconaERT+0,963
19Marta GarciaERT+1,225
20Nicolas PinoMaserati-DS+1,283
21Dries VanthoorEnvision-Jaguar+1,321
22Alice PowellEnvision-Jaguar+1,517